Vortrag „Wetter mal anders“
Hoffnung auf Kondensstreifen am Himmel
Sollte mal der Gesprächsstoff ausgehen, Wetter ist immer ein Thema. Experte Helmut Reinhard erklärt den Fichtenberger Landfrauen, was es mit den Wetter-Apps auf sich hat.
Der Pegel stieg unaufhaltsam am Donnerstagabend, und die Rot, die sonst eher gemächlich daher fließt, schwoll auf bedenkliche Breite an. Ob die Wetter-Apps, die im Internet umherschwirren und sich aufs Smartphone laden lassen, das vorhergesagt haben, lässt sich im Nachhinein nur schwer feststellen. Den Fichtenberger Landfrauen machten Regen und Sturmböen allerdings nichts aus. Im gut geheizten Saal der „Krone“ begrüßte Vorstandsmitglied Birgit Siegmund die interessierten Gäste sowie den Wetterexperten Helmut Reinhard aus Waiblingen. Er ist Tourenführer beim Deutschen Alpenverein und hat sich hinsichtlich dieser Tätigkeit auf Digitale Wetterkunde spezialisiert. „Wetterkunde mal anders“ war sein Referat überschrieben, das sich über knapp zwei Stunden hinzog. Von Wettermodellen war die Rede, von Ensembles und Meteogrammen. Tatsächlich war man ganz schön gefordert, wollte man dem komplexen Themenkatalog in allen Details folgen.
Was hatten es die Menschen in früheren Zeiten doch einfach. Sie beobachteten den Himmel und folgten alten Bauernregeln. Vielleicht auch nicht ganz ernst gemeinten wie „Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich das Wetter oder es bleibt wie’s ist.“ Im 17. und 18. Jahrhundert wurde dann damit begonnen, Daten zu erfassen. Ab 1950 ließen sich mit Hilfe von Computern die Entwicklungen von Hochs und Tiefs vorhersagen, ab 1980 Wettermodelle auch berechnen. Heute, im 21. Jahrhundert angekommen, besitzt so gut wie jede Person ein Smartphone und kann sich in jeder Minute über das heranziehende Wetter informieren. Wetter.com, wetteronline, meteoblue, kachelmannwetter – 20 bis 30 Anbieter fluten den Markt. Die Erwartungen seien zu hoch, meinte der Sachverständige, und die meisten Anbieter wollten in der Vollversion viel Geld. Allerdings, sagte er auch, dass die auf den Smartphones vorinstallierten, kostenfreien Apps meist nicht so viel taugen. Zudem sei zur Vorsicht geraten, denn Apps seien immer auch ein Einfallstor für Datenklau.
Er selbst arbeite sehr gern mit der Warnwetter-App des Deutschen Wetterdienstes, bemerkte Reinhard. Drei bis vier Tage ließe sich das Wetter vorhersagen, danach seien die Aussagen ungenauer. Zudem müsse man sie deuten können und die Terminologie verstehen. Bei einer Regenwahrscheinlichkeit von 30 % müsse es nicht zwangsläufig regnen. Dass die Wettervorhersagen oftmals voneinander abweichen, hänge damit zusammen, dass die Anbieter von den Wetterdiensten vorberechnete globale Wetterdaten verwenden und jeder dafür sein eigenes Verfahren anwendet. Die Grenzen der heutigen Wetterprognosen könne man vor allem im Sommer erleben, wenn ganz plötzlich ein heftiger Gewitterschauer die Grillparty sprengt. Und während die einen fleißig auf ihre Smartphone-App gucken, erfreuen sich die anderen Landrauen an den Wolkenbildern, die der Wetterkundler auf die Leinwand projiziert. Bleibt zu hoffen, dass die Kondensstreifen der Flugzeuge am Himmel bald wieder sichtbar sind. Denn sie, so hieß es, würden schönes Wetter ankündigen.